
Cannabis als Schmerzmittel: Was Ärzte 2025 wirklich dazu sagen
30. April 2025Seit 2017 ist Cannabis als Schmerzmittel in Deutschland legal verschreibungsfähig, und fast drei Viertel aller Verschreibungen erfolgen zur Schmerzbehandlung. Allerdings ist die medizinische Cannabis-Therapie kein Wundermittel - sie kommt nur bei schwerwiegenden körperlichen Erkrankungen in Frage, wenn andere Medikamente keine Wirkung zeigen.
Tatsächlich weist die Deutsche Schmerzgesellschaft darauf hin, dass die Wirksamkeit nur bei wenigen spezifischen chronischen Schmerzerkrankungen nachgewiesen ist. Dabei zeigt Cannabis die besten Ergebnisse bei Nervenschmerzen, auch wenn mehr als jede dritte Behandlung wegen Nebenwirkungen wie Müdigkeit und Konzentrationsschwäche abgebrochen wird.
In diesem Artikel erfahren Sie, was Ärzte 2025 wirklich über Cannabis in der Schmerztherapie denken, welche Patienten dafür in Frage kommen und wie die aktuelle wissenschaftliche Bewertung aussieht.
Was ist medizinisches Cannabis?
Medizinisches Cannabis gewinnt in der Schmerztherapie zunehmend an Bedeutung. Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Begriff, und wie unterscheidet es sich von illegalem Freizeitkonsum? Ein Blick auf die Fakten zeigt die therapeutische Seite dieser kontrovers diskutierten Pflanze.
Definition und gesetzlicher Rahmen
Medizinisches Cannabis bezeichnet Pflanzen, Blüten und sonstige Pflanzenteile der Gattung Cannabis, die aus staatlich kontrolliertem Anbau für medizinische Zwecke stammen. Ebenso fallen darunter Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC), Dronabinol und daraus hergestellte Zubereitungen. Die Hanfpflanze enthält über 500 verschiedene Pflanzenbestandteile, darunter etwa 145 Cannabinoide, die für die medizinischen Effekte verantwortlich sind.
Seit März 2017 können Patienten in Deutschland Cannabis auf ärztliche Verschreibung in Apotheken erhalten. Mit dem Cannabis-Gesetz (CanG) vom 1. April 2024 wurde die Regelung weiter spezifiziert. Artikel 2 dieses Gesetzes beinhaltet das Medizinal-Cannabisgesetz (MedCanG), das die Versorgung mit Cannabis zu medizinischen Zwecken regelt. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist die zuständige Behörde für die Anwendung dieses Gesetzes und überwacht den Anbau von medizinischem Cannabis in Deutschland.
Wichtig zu wissen: Cannabis kann beides sein – Droge und Medizin. Bei regelmäßigem und zu hoch dosiertem, unkontrolliertem Konsum kann es zu einer Abhängigkeit führen und weitreichende Folgen für das Leben haben. Deshalb ist die ärztliche Überwachung und korrekte Dosierung entscheidend.
Unterschied zwischen THC und CBD
Die beiden bekanntesten und am besten erforschten Wirkstoffe der Cannabispflanze sind THC und CBD. Sie unterscheiden sich grundlegend in ihrer Wirkungsweise:
THC (Tetrahydrocannabinol):
- - Wirkt psychoaktiv und berauschend
- - Fällt unter das Betäubungsmittelgesetz
- - Kann schmerzlindernd, krampflösend und appetitanregend wirken
- - Hilft bei Übelkeit und Brechreiz
- - Kann die Konzentration, Denkfähigkeit und Koordination beeinflussen
CBD (Cannabidiol):
- - Nicht psychoaktiv, keine berauschende Wirkung
- - Wirkt entzündungshemmend, angstlösend und antioxidativ
- - Vergleichsweise nebenwirkungsarm
- - Kann die psychoaktive Wirkung von THC abschwächen
- - Besitzt antiepileptische Eigenschaften
Beide Stoffe wirken auf unser körpereigenes Endocannabinoid-System, das Teil unseres Nervensystems ist und bei vielen Körperfunktionen eine wichtige Rolle spielt. Je nach Zusammensetzung können sie schmerzstillend, entzündungshemmend oder krampflösend wirken – daher ihr Einsatz in der Schmerztherapie.
Welche Formen gibt es?
Medizinisches Cannabis steht in verschiedenen Darreichungsformen zur Verfügung, die sich in Anwendung und Wirkungseintritt unterscheiden:
Cannabisblüten und Granulat: Diese werden meist inhaliert, wobei die Wirkstoffe durch Erhitzen freigesetzt werden. Hierfür wird ein Verdampfer (Vaporisator) verwendet, der die Blüten auf über 185 Grad Celsius erhitzt. Die Wirkung tritt nach wenigen Minuten ein und hält bis zu vier Stunden an. Alternativ können Cannabisblüten auch als Tee zubereitet werden, allerdings mit weniger zuverlässiger Wirkstofffreisetzung.
Fertigarzneimittel:
- Mundsprays: Enthalten Cannabis-Extrakt; die Wirkstoffe werden über die Mundschleimhaut aufgenommen. Sie sind leicht und präzise durch die Anzahl der Sprühstöße dosierbar und werden von Ärzten häufig verordnet.
- Kapseln: Werden oral eingenommen und wirken über den Verdauungstrakt. Das Fertigarzneimittel Canemes® mit dem Wirkstoff Nabilon wird beispielsweise bei Übelkeit während Chemotherapien eingesetzt.
Rezepturarzneimittel:
- Dronabinol-Tropfen: In Deutschland häufig verschrieben, lassen sich mit einer Pipette einfach dosieren.
- Flüssige Cannabisextrakte: Von verschiedenen Herstellern mit unterschiedlichen THC- und CBD-Gehalten angeboten.
- Cannabis-Öl: Wird oral eingenommen und vom Körper langsam resorbiert.
Der Wirkeintritt nach oraler Einnahme erfolgt verzögert nach 30 bis 90 Minuten, ist nach zwei bis drei Stunden am stärksten und hält vier bis acht Stunden an.
Welche Darreichungsform im Einzelfall die geeignete ist, entscheidet der Arzt gemeinsam mit dem Patienten. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle: Die zu behandelnde Erkrankung, individuelle Verträglichkeit, gewünschte Wirkdauer und der THC/CBD-Gehalt. Spray, Dronabinol-Tropfen und flüssige Cannabisextrakte gelten als besonders empfehlenswert und am besten erforscht, da sie leicht zu dosieren sind, langsamer vom Körper aufgenommen werden und ein geringeres Missbrauchsrisiko bergen.
Für die erfolgreiche Behandlung mit Cannabis als Schmerzmittel ist eine ärztliche Begleitung unerlässlich. Die Therapie beginnt typischerweise mit einer niedrigen Dosis, die langsam gesteigert wird, um die optimale individuelle Dosierung zu ermitteln und unerwünschte Wirkungen zu minimieren.
Wie wirkt Cannabis im Körper?
Um zu verstehen, warum Cannabis als Schmerzmittel wirken kann, müssen wir zunächst einen Blick auf die Interaktion zwischen Cannabinoiden und unserem Körper werfen. Unser Organismus verfügt über ein ausgeklügeltes System, das speziell mit diesen Substanzen kommuniziert – eine Entdeckung, die erst in den 1990er Jahren gemacht wurde.
Das Endocannabinoid-System erklärt
Das Endocannabinoid-System (ECS) ist ein Teil unseres Nervensystems und fungiert als Kommunikationssystem zwischen Gehirn und Körper. Es reguliert zahlreiche lebenswichtige Funktionen wie Schmerzempfinden, Emotionen, Schlaf und Immunabwehr.
Im Zentrum dieses Systems stehen zwei Hauptrezeptoren:
- CB1-Rezeptoren befinden sich vorwiegend im zentralen Nervensystem, besonders häufig im Kleinhirn, den Basalganglien und dem Hippocampus. Sie sind maßgeblich an der Schmerzverarbeitung beteiligt.
- CB2-Rezeptoren kommen hauptsächlich auf Immunzellen und Zellen des Knochenauf- und -abbaus vor. Sie beeinflussen entzündliche Prozesse und Immunreaktionen.
Der Körper produziert eigene Cannabinoide, sogenannte Endocannabinoide, die an diese Rezeptoren andocken und bestimmte Prozesse steuern. Die Cannabis-Wirkstoffe (Phytocannabinoide) können diese Rezeptoren ebenfalls aktivieren und ähnliche Effekte auslösen.
Das ECS ist entscheidend für die Aufrechterhaltung der körperlichen Homöostase – des inneren Gleichgewichts. Bei Patienten mit chronischen Schmerzen kann dieses System gestört sein, weshalb eine externe Zufuhr von Cannabinoiden therapeutisch sinnvoll sein kann.
THC vs. CBD: Wirkung auf Schmerzen
Die beiden wichtigsten Cannabinoide wirken unterschiedlich auf unser Schmerzsystem:
THC (Tetrahydrocannabinol) bindet direkt an die CB1- und CB2-Rezeptoren und wirkt als partieller Agonist. Dadurch kann es:
- - Die Weiterleitung von Schmerzsignalen unterbrechen
- - Das Schmerzempfinden dämpfen
- - Muskelentspannend wirken
- - Stimmungsaufhellend sein
CBD (Cannabidiol) wirkt hingegen als Antagonist am CB1-Rezeptor und interagiert mit weiteren Rezeptoren wie dem Serotoninrezeptor 5-HT1A und dem Vanilloid-Rezeptor TRPV1. Seine schmerzlindernden Eigenschaften basieren auf:
- - Entzündungshemmenden Effekten
- - Anxiolytischer (angstlösender) Wirkung
- - Neuroprotektiven Eigenschaften
Allerdings ist die Wirkung nicht mit klassischen Schmerzmitteln vergleichbar. Während herkömmliche Analgetika meist die Schmerzintensität reduzieren, trägt Cannabis dazu bei, dass Patienten die Schmerzen als weniger störend empfinden. Der Schmerz verschwindet nicht unbedingt, wird aber als weniger unangenehm wahrgenommen.
Forschungsergebnisse legen nahe, dass Cannabis weniger bei Akutschmerzen oder Gewebeschmerzen (wie Muskelschmerzen) wirkt, sondern vor allem bei neuropathischen Schmerzen und Spastik.
Entourage-Effekt: Warum Kombinationen wichtig sind
Ein faszinierendes Phänomen bei der Anwendung von Cannabis als Schmerzmittel ist der sogenannte "Entourage-Effekt". Dieser beschreibt, wie die verschiedenen Inhaltsstoffe der Hanfpflanze – Cannabinoide, Terpene und Flavonoide – zusammenwirken und eine stärkere Wirkung erzielen als einzelne isolierte Substanzen.
Dabei sind besonders die Interaktionen zwischen THC und CBD von therapeutischer Bedeutung:
- 1. CBD kann die psychoaktiven Effekte von THC abschwächen, ohne dessen schmerzlindernde Wirkung zu reduzieren.
- 2. CBD mindert THC-bedingte Nebenwirkungen wie Angstzustände oder Paranoia.
- 3. Bei der Kombination beider Wirkstoffe können niedrigere Dosen THC bereits ausreichend wirksam sein.
Eine Studie an Patienten mit neuropathischen Schmerzen zeigte, dass 64% der mit Nabiximols (THC+CBD-Kombination) behandelten Patienten eine Schmerzreduktion um mehr als 50% erreichten, während dies bei THC allein nur bei 23% der Fall war. Darüber hinaus konnte in der Kombinationsgruppe 42% der Patienten auf weitere Schmerzmittel verzichten, verglichen mit nur 12% in der THC-Gruppe.
Zudem wurden unter der Kombination THC+CBD signifikant weniger Nebenwirkungen beobachtet (23,7%) als unter THC allein (39,8%). Dies bestätigt das verbesserte Sicherheitsprofil von Kombinationspräparaten.
Die synergistische Wirkung zwischen Cannabinoiden und anderen Pflanzenstoffen wird durch neuere Studien immer besser belegt. Eine israelische Untersuchung zeigte beispielsweise, dass Vollspektrumextrakte mit CBD bei Entzündungen effektiver waren als reines CBD-Isolat.
Für Patienten bedeutet dies, dass Vollspektrum-Cannabisprodukte mit ausgewogenem THC-CBD-Verhältnis oft besser verträglich sind und eine umfassendere therapeutische Wirkung entfalten können als Monopräparate – ein wichtiger Aspekt für die individuelle Therapieplanung.
Wann kommt Cannabis als Schmerzmittel infrage?
Die Frage, wann Cannabis eine geeignete Option zur Schmerzbehandlung ist, beschäftigt sowohl Patienten als auch Ärzte seit der Legalisierung als verschreibungspflichtiges Medikament. Obwohl medizinisches Cannabis zunehmend verordnet wird, ist es keineswegs ein Allheilmittel gegen jede Art von Schmerz.
Indikationen laut Gesetz
Der deutsche Gesetzgeber hat bewusst darauf verzichtet, konkrete Indikationen für die Verschreibung von Cannabis festzulegen. Stattdessen knüpft das Gesetz die Verordnung an bestimmte Voraussetzungen. Cannabis darf nur unter folgenden Bedingungen verschrieben werden:
- - Bei einer schwerwiegenden Erkrankung - also einer lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität nachhaltig beeinträchtigenden Gesundheitsstörung
- - Wenn eine "allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung" nicht zur Verfügung steht
- - Oder wenn diese Standardbehandlung nach ärztlicher Einschätzung nicht angewendet werden kann
Interessanterweise bedeutet dies, dass eine Behandlung mit Cannabis auch dann begonnen werden kann, wenn theoretisch noch andere zugelassene Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen. Ein Patient muss also nicht vollständig "austherapiert" sein.
Nach Auswertungen der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) liegen für Cannabisarzneimittel akzeptable wissenschaftliche Erkenntnisse bislang nur für einige wenige Indikationen vor, insbesondere für die begleitende Behandlung von Spastiken, Übelkeit und Erbrechen durch Zytostatika sowie chronische Schmerzen.
Chronische vs. akute Schmerzen
Bei der Frage nach der Wirksamkeit von Cannabis als Schmerzmittel ist die Unterscheidung zwischen chronischen und akuten Schmerzen entscheidend:
Chronische Schmerzen: Hierbei handelt es sich um Schmerzen, die länger als drei Monate andauern. Bei diesen Schmerzformen zeigt Cannabis die besten Ergebnisse. Die Analyse verschiedener systematischer Übersichtsarbeiten zu medizinischem Cannabis bei chronischen Schmerzen offenbart allerdings noch einige Unsicherheiten.
Akute Schmerzen: Bei akuten Schmerzen – etwa postoperativen Schmerzen – lässt sich hingegen kein größerer Nutzen von Medizinal-Cannabis gegenüber Placebos feststellen. Auch für Gewebeschmerzen wie beispielsweise muskuläre Schmerzen scheint Cannabis weniger geeignet zu sein.
Diese Unterscheidung ist wichtig, denn mehr als drei Viertel aller Verordnungen von Cannabisarzneimitteln erfolgen für die Behandlung chronischer Schmerzen. Besonders interessant: Cannabis wirkt nicht wie klassische Schmerzmittel, sondern verändert eher die Wahrnehmung des Schmerzes, der dann als weniger störend empfunden wird.
Beispiele: Rheuma, MS, Nervenschmerzen
Die wissenschaftliche Evidenz zur Wirksamkeit variiert je nach Schmerzart und Grunderkrankung erheblich:
Nervenschmerzen (neuropathische Schmerzen): Am besten wissenschaftlich belegt ist die Wirkung von Cannabis bei neuropathischen Schmerzen. Diese entstehen durch Schädigungen des Nervensystems und sprechen oft nur unzureichend auf herkömmliche Schmerzmittel an. Laut mehreren Studien wirkt Cannabis hier besonders gut und wird daher bei Polyneuropathie, Rückenmarktrauma, Gürtelrose oder bei Phantomschmerzen eingesetzt.
Multiple Sklerose (MS): Bei Patienten mit Multipler Sklerose kann Cannabis sowohl bei Schmerzen als auch bei Spastik (langandauernde Muskelverkrampfungen) wirksam sein. In einer kreuzkontrollierten Studie reduzierte Dronabinol Schmerzen bei MS-Patienten um durchschnittlich 3 Punkte auf einer Skala von 0 bis 10 im Vergleich zum Placebo. Allerdings konnte eine Übersichtsarbeit zu Schmerzen bei MS von 2017 keine statistisch signifikanten Unterschiede gegenüber einer Placebobehandlung nachweisen.
Rheuma: Die Studienlage zu Cannabis bei rheumatoider Arthritis ist noch sehr dürftig. Es gibt nur eine relevante Studie, die die Wirkung eines Cannabis-Sprays untersucht. Obwohl Schmerzen und Schlafqualität sich bei der Behandlung zu verbessern schienen, war die Qualität der Studie so schlecht, dass die Ergebnisse nicht zuverlässig sind. Nach bisherigem Kenntnisstand kann daher keine gut begründete Empfehlung für eine Cannabis-Therapie bei chronischen Schmerzen aufgrund von rheumatoider Arthritis gegeben werden.
Weitere Anwendungsgebiete: Cannabis wird zudem bei krebsbedingten Schmerzen, Fibromyalgie und Rückenschmerzen eingesetzt, allerdings mit unterschiedlichen Ergebnissen. Bei Krebsschmerzen scheint Cannabis einer Placebobehandlung überlegen zu sein, während es bei Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, rheumatoider Arthritis, chronischer Bauchspeicheldrüsenentzündung, Morbus Crohn, Schiefhals und Reizdarmsyndrom keine eindeutigen Verbesserungen erzielen konnte.
Bei allen Anwendungen gilt: Die bisherigen Ergebnisse gehen häufig auf Studien mit eher kleinen Patientengruppen von 23 bis 50 Patienten pro Studie und kurzfristige Untersuchungszeiträume zurück. Mehrere neuere Metastudien betonen daher, dass Langzeitstudien zur Sicherheit und Wirksamkeit von Cannabis als Medizin sowie zur optimalen Dosierung bei verschiedenen Schmerzarten notwendig sind.
Wie verschreiben Ärzte Cannabis 2025?
Im Jahr 2025 ist der Prozess zur Verschreibung von Cannabis als Schmerzmittel deutlich strukturierter als in den Anfangsjahren der Legalisierung. Mit den Gesetzesänderungen seit April 2024 wurden einige Hürden abgebaut, während gleichzeitig klare Richtlinien bestehen bleiben.
Ablauf der Verordnung
Die Verordnung von medizinischem Cannabis beginnt mit einem ausführlichen Arztgespräch. Anders als oft angenommen, unterliegt die Verschreibung keinem Facharztvorbehalt - tatsächlich können alle approbierten Ärzte Cannabis verschreiben. Dies ist besonders wichtig für die flächendeckende Versorgung, da insbesondere Allgemeinmediziner große Teile der Patientenversorgung sicherstellen.
Der Verschreibungsprozess verläuft folgendermaßen:
- 1. Erstgespräch: Der Arzt prüft, ob bei der Patientin oder dem Patienten eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt und ob eine Behandlung mit Cannabisarzneimitteln sinnvoll erscheint.
- 2. Dokumentation: Die medizinische Notwendigkeit wird ausführlich dokumentiert, einschließlich der Gründe, warum Standardtherapien nicht ausreichend wirksam sind oder nicht angewendet werden können.
- 3. Verordnung: Bei positiver Einschätzung stellt der Arzt ein Betäubungsmittelrezept aus.
Besonders erfreulich für Patienten: Seit Oktober 2024 benötigen Ärzte mit bestimmten Qualifikationen keine vorherige Genehmigung der Krankenkasse mehr, um Cannabis verordnen zu können. Dies beschleunigt den Zugang zur Therapie erheblich.
Wer bekommt Cannabis als Schmerzmittel?
Grundsätzlich müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Patient Cannabis als Schmerzmittel erhalten kann:
- - Es muss eine schwerwiegende Erkrankung vorliegen. Eine Erkrankung gilt als schwerwiegend, wenn sie lebensbedrohlich ist oder aufgrund starker Gesundheitsprobleme die Lebensqualität dauerhaft und nachhaltig beeinträchtigt.
- - Standardtherapien sind entweder nicht verfügbar, nicht ausreichend wirksam oder werden nicht vertragen.
- - Es besteht eine begründete Aussicht auf eine spürbare positive Beeinflussung des Krankheitsverlaufs oder schwerwiegender Symptome.
Die Begleiterhebung von 2017 bis 2022 zeigt, dass Cannabis am häufigsten bei folgenden Beschwerden verschrieben wird: chronische Schmerzen, Tumorerkrankungen, Spastik, Anorexie/Wasting, Multiple Sklerose sowie Übelkeit und Erbrechen. Bemerkenswert ist, dass mehr als drei Viertel aller Verschreibungen für die Behandlung chronischer Schmerzen erfolgen.
Kostenübernahme durch Krankenkassen
Die Kostenübernahme für Cannabis als Schmerzmittel durch die gesetzlichen Krankenkassen ist an bestimmte Bedingungen geknüpft. Während bei Ärzten mit bestimmten Qualifikationen mittlerweile keine vorherige Genehmigung mehr nötig ist, gilt für die meisten Verordnungen noch immer:
- - Bei der ersten Verordnung muss die Erstattung vor Behandlungsbeginn von der Krankenkasse genehmigt werden.
- - Die Krankenkasse kann den Medizinischen Dienst mit der Prüfung beauftragen.
- - Die gesetzliche Bearbeitungsfrist beträgt drei Wochen, bei Einschaltung eines Gutachters fünf Wochen.
Hervorzuheben sind jedoch wichtige Ausnahmen, die den Zugang erleichtern:
- - Für Patienten in der Spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) entfällt die Genehmigungspflicht komplett, damit sie nicht wochenlang auf eine Entscheidung warten müssen.
- - Bei der Allgemeinen Ambulanten Palliativversorgung (AAPV) oder bei Beginn einer Cannabistherapie während einer stationären Behandlung beträgt die Prüffrist der Krankenkassen nur drei Tage.
Für Folgeverordnungen, Dosisanpassungen oder Wechsel innerhalb der Cannabisextrakte oder getrockneten Blüten ist keine erneute Genehmigung erforderlich. Zudem müssen Patienten lediglich die gesetzliche Zuzahlung ("Rezeptgebühr") entrichten, die zehn Prozent des Preises beträgt, jedoch mindestens 5 Euro und höchstens 10 Euro.
Falls ein Antrag abgelehnt wird, haben Patienten das Recht, innerhalb eines Monats nach Erhalt des Ablehnungsschreibens Widerspruch einzulegen. Unterm Strich zeigt sich, dass der Zugang zu Cannabis als Schmerzmittel 2025 zwar noch immer reguliert ist, jedoch mit deutlichen Erleichterungen im Vergleich zu den Anfangsjahren.
Cannabis als Teil der Schmerztherapie
Die moderne Schmerzmedizin betrachtet Cannabis nicht als isolierte Wunderwaffe, sondern vielmehr als wertvolle Komponente innerhalb eines breiteren Behandlungsansatzes. Anders als bei konventionellen Medikamenten steht beim medizinischen Cannabis die Einbettung in ein Gesamtkonzept besonders im Vordergrund.
Multimodale Ansätze mit Cannabis
Die Deutsche Schmerzgesellschaft weist nachdrücklich darauf hin, dass Cannabinoide nur bei einem Bruchteil der Erkrankungen mit chronischen Schmerzen nachweislich wirksam sind. Entscheidend dabei: Cannabis kann meist keine vollständige Schmerzfreiheit herstellen. Vielmehr werden Schmerzen unter Umständen vermindert wahrgenommen und schmerzbedingte Schlafstörungen können sich verbessern.
Genau aus diesem Grund setzt die moderne Schmerztherapie auf multimodale Behandlungskonzepte, in denen Cannabis nur einen Baustein darstellt. Diese umfassenden Ansätze kombinieren verschiedene Therapieformen, um chronische Schmerzen ganzheitlich zu behandeln. Bei der multimodalen Schmerztherapie wirken Ärzte, Therapeuten und Patienten zusammen, um nicht nur die Symptome zu bekämpfen, sondern auch die Lebensqualität erheblich zu verbessern.
Cannabis und weitere Wirkstoffe ergeben in Kombination wirkungsvolle Mittel, die verschiedenen Beschwerden entgegenwirken können:
- - Krämpfen und Muskelverspannungen durch die muskelentspannende Wirkung
- - Schlaflosigkeit durch die schlaffördernden Eigenschaften
- - Erhöhter Schmerzempfindlichkeit durch Modulation der Schmerzverarbeitung
- - Entzündungsprozessen durch die entzündungshemmenden Eigenschaften von CBD
Allerdings zeigen Erfahrungen aus der klinischen Praxis, dass Cannabis nicht das Universal-Schmerzmittel ist, als das es manchmal dargestellt wird. Nach umfangreichen Erfahrungen setzen viele Schmerzpatienten Cannabis wieder ab, da die erhofften Wirkungen ausbleiben. Daher konzentrieren sich Therapiekonzepte zunehmend auf die Integration von Cannabis in umfassendere Behandlungspläne.
Inzwischen laufen mehrere Forschungsprojekte, die diese multimodalen Ansätze wissenschaftlich untersuchen. Ein herausragendes Beispiel ist die OCEAN-Studie, die von der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin zusammen mit dem Hersteller Avextra durchgeführt wird. Diese untersucht die Wirksamkeit und Sicherheit eines THC/CBD-Vollspektrumextrakts bei chemotherapie-induzierten neuropathischen Schmerzen (CINP). Hierbei werden nicht nur die Schmerzintensität, sondern auch schmerzbedingte Beeinträchtigungen, Schlafqualität und weitere Parameter analysiert.
Kombination mit Physiotherapie und Psychotherapie
Besonders vielversprechend erscheint die Kombination von Cannabis mit physio- und psychotherapeutischen Verfahren. Die Deutsche Schmerzgesellschaft betont ausdrücklich, dass Cannabinoide nicht als einzige Maßnahme gesehen werden sollten, sondern nur in Kombination mit physiotherapeutischen und psychotherapeutischen Verfahren.
Physiotherapie kann durch gezielte Bewegungstherapie, manuelle Techniken und physikalische Anwendungen die Wirkung von Cannabis unterstützen. Während Cannabis die Schmerzwahrnehmung verändert, kann Physiotherapie gezielt an der Funktionalität und Beweglichkeit arbeiten – ein komplementärer Ansatz, der die Gesamtwirkung verstärkt.
Darüber hinaus gewinnt die psychotherapeutische Begleitung zunehmend an Bedeutung. Die psychische Komponente chronischer Schmerzen wird heute als wesentlicher Faktor anerkannt. Cannabis kann durch seine angstlösenden und stimmungsaufhellenden Eigenschaften den Zugang zu psychotherapeutischen Verfahren erleichtern. Einige spezialisierte Zentren bieten mittlerweile sogar Cannabis-assistierte Psychotherapie an.
Ein bemerkenswertes Modell für diesen integrativen Ansatz bietet der "Kanna Health Club", der Cannabispatienten zusätzlich Termine bei Psychologen, Psychiatern und Atemtrainern anbietet. Diese Kombination aus Breathwork, Cannabis und Psychotherapie stellt einen innovativen Behandlungsansatz dar.
Jedoch warnen Experten auch vor unrealistischen Erwartungen. Eine Befragung von Cannabispatienten ergab, dass 41% der Teilnehmenden Schmerzen als Hauptgrund für ihre Cannabismedikation anführen. Diese Patienten berichten häufig von verbesserten Schlafeigenschaften, gesteigerter körperlicher Funktionalität und verbessertem Appetit. Dennoch zeigt die klinische Erfahrung, dass die reine Cannabis-Therapie ohne begleitende Maßnahmen oft hinter den Erwartungen zurückbleibt.
Für die Zukunft der multimodalen Schmerztherapie mit Cannabis sind weitere qualitativ hochwertige Studien unerlässlich, um die optimale Integration in bestehende Behandlungskonzepte zu ermitteln und unrealistische Erwartungen zu vermeiden.
Cannabis als Schmerzmittel: Pro und Contra
Die Debatte um medizinisches Cannabis als Option in der Schmerztherapie führt zu kontroversen Diskussionen unter Ärzten und Patienten. Während einige beeindruckende Behandlungserfolge berichten, sehen andere die Wirksamkeit kritisch. Ein differenzierter Blick auf die Vor- und Nachteile hilft, realistische Erwartungen zu setzen.
Vorteile: Wirkung, Verträglichkeit, Lebensqualität
Maßvoll und korrekt dosiert kann Cannabis nachhaltige Behandlungserfolge erzielen, die es Betroffenen mit chronischen Schmerzen ermöglichen, ihren Alltag möglichst unbeeinträchtigt zu meistern. Besonders bei chronischen Nervenschmerzen, Multipler Sklerose oder chemotherapiebedingten Nebenwirkungen kann Cannabis Linderung verschaffen.
Ein wesentlicher Vorteil gegenüber starken Schmerzmitteln wie Opioiden ist das geringere Suchtpotenzial und weniger schädliche Nebenwirkungen, was Cannabis zu einer sichereren Option für die Langzeitbehandlung macht. Patienten berichten häufig von:
- Besserer Schlafqualität
- Reduzierter Angst und Stress
- Insgesamt verbesserter Lebensqualität
Bei älteren Menschen mit chronischen Schmerzen können beispielsweise Dronabinol-Tropfen in niedriger Dosis sinnvoll sein. Die enthaltenen Cannabinoide wirken nicht nur schmerzlindernd, sondern hellen zusätzlich die Stimmung auf und sorgen für besseren Schlaf. Ein weiterer Vorteil: Sie schädigen Leber und Nieren nicht so stark wie andere Medikamente.
Zudem zeigt die klinische Erfahrung, dass Cannabis besonders bei Nervenschmerzen (Neuropathie) gut wirkt. Ebenfalls positiv: Bei schweren Erkrankungen kann Cannabis einer Gewichtsabnahme entgegenwirken und Übelkeit lindern – eine unumstrittene Indikation.
Nachteile: Nebenwirkungen, Unsicherheiten, Missbrauchsrisiko
Trotz der potenziellen Vorteile ist Cannabis kein Wundermittel. Die Deutsche Schmerzgesellschaft weist darauf hin, dass lediglich bei einem Bruchteil der Erkrankungen mit speziellen chronischen Schmerzen erwiesen ist, dass cannabisbasierte Arzneimittel helfen.
Nebenwirkungen treten häufig auf. Zu den typischen unerwünschten Wirkungen zählen:
- Müdigkeit (sehr häufig)
- Schwindel, Übelkeit und Mundtrockenheit (häufig)
- Konzentrations- und Gedächtnisstörungen (häufig)
- Gleichgewichtsstörungen und verschwommenes Sehen (häufig)
Bemerkenswert ist, dass mehr als jede dritte Behandlung wegen der Nebenwirkungen abgebrochen wird. Darüber hinaus können in selteneren Fällen auch schwerwiegendere Effekte auftreten wie Palpitationen, Tachykardien, sowie psychotische Symptome wie Halluzinationen oder Sinnestäuschungen.
Ein weiteres Problem: Die bisherigen Untersuchungen beziehen sich meist auf kurze Behandlungszeiträume von wenigen Wochen bis Monaten, wobei die besonderen Risiken einer Langzeitbehandlung weitgehend unklar bleiben. Hinzu kommt, dass Cannabis oft nicht die gewünschte Wirkung zeigt – manchmal wirkt es in kleinsten Dosen, häufig wirkt es jedoch überhaupt nicht.
Interessanterweise treten Nebenwirkungen bei Frauen häufiger auf als bei Männern. Zudem ist die Studienlage zur Wirkung von Cannabis-Medikamenten für Patienten mit depressiven Störungen oder anderen psychiatrischen Erkrankungen noch sehr dünn.
Die Fachgesellschaft der Schmerzexperten äußert sich aufgrund mangelnder nachgewiesener Wirksamkeit und fehlender Langzeitstudien eher skeptisch zu Cannabis-Medikamenten. Ihr Fazit: "Cannabis ist kein Wundermittel. In der Schmerztherapie kann es derzeit nur bei Patienten mit nicht anders behandelbaren schwersten chronischen Nervenschmerzen eingesetzt werden".
Was sagen Ärzte 2025 wirklich?
Auf medizinischen Fachkongressen und in Praxen zeigt sich ein differenziertes Bild zur Cannabis-Therapie bei Schmerzen. Bei den Deutschen Schmerz- und Palliativtagen 2025 in Frankfurt stand das Thema im Mittelpunkt zahlreicher Diskussionen – mit überraschend neuen Erkenntnissen zur Wirksamkeit und Integration in die Schmerzmedizin.
Erfahrungen aus der Praxis
Niedergelassene Schmerzärzte berichten zunehmend von positiven Erfahrungen mit Cannabinoiden als Teil multimodaler Schmerzkonzepte. "Für die Versorgung schwerstkranker Schmerzpatienten ist das eine deutliche Erleichterung, da durch den Wegfall die bürokratischen Hürden deutlich gesenkt wurden und sie damit absehbar schneller Zugang zu einer möglicherweise wirksamen Therapie erhalten", erklärt PD Dr. Michael A. Überall, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin.
Beeindruckend sind die Ergebnisse einer Patientenbefragung mit fast 2.900 Teilnehmern: 78% der Befragten berichteten von einer besseren Schmerzreduktion im Vergleich zur reinen Opioid-Therapie und 88% empfanden das Nebenwirkungsprofil als günstiger. Besonders bemerkenswert: 97% der Patienten konnten ihre Opioid-Dosis senken.
Allerdings zeigt sich auch, dass Cannabis nicht bei allen Schmerzpatienten gleich gut wirkt. Dr. Konrad Cimander, Facharzt für Allgemeinmedizin, berichtet: "Das Potenzial von medizinischem Cannabis ist viel größer als früher von vielen angenommen. Rückenschmerzen verschiedenster Ursache gehören dazu, Gelenkschmerzen durch entzündliche Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis, Kopfschmerzen, Verletzungsschmerzen und neuropathische Schmerzen".
In der praktischen Anwendung hat sich gezeigt, dass niedrige Dosen bei älteren Patienten besonders vorteilhaft sein können. Schmerztherapeutin Angelika Hilker präsentierte Studienergebnisse, die zeigen, dass bei dieser Patientengruppe der Opioid-Verbrauch deutlich reduziert werden kann: "Schon mit niedrigen Dosen von medizinischem Cannabis lassen sich bedeutende Mengen Opioid einsparen".
Einschätzungen zur Wirksamkeit
Während Cannabinoide bei der Behandlung chronischer Schmerzen in 75% der Fälle eine Linderung der Symptome und in 70% eine Verbesserung der Lebensqualität erzielen, besteht dennoch ein gewisser Skeptizismus unter Ärzten.
Fachleute weisen darauf hin, dass die Ergebnisse des BfArM-Berichts zur Verschreibungspraxis mit Vorsicht zu interpretieren sind. "Die Aussagekraft des Berichts ist leider extrem gering", heißt es von Experten. Dennoch zeigen die Daten klar, dass 76,4% aller Cannabis-Verordnungen gegen chronische Schmerzen erfolgen.
Besonders kritisch sehen Ärzte den Einsatz von Cannabisblüten mit zu hohem THC-Gehalt. "Grundsätzlich sind Blüten therapeutisch schwerer steuerbar und beinhalten ein höheres psychisches Abhängigkeitspotential", erklärt Dr. Schürmann. Gleichzeitig erkennen Mediziner die Vorteile oraler Therapien: "Orale Therapien weisen im Vergleich zu Blüten eine längere Halbwertszeit auf. Das hat bei gleichbleibendem Wirkspiegel den Vorteil, dass wesentlich weniger Nebenwirkungen und besonders weniger ZNS-Störungen auftreten".
Zukunft der Cannabis-Schmerztherapie
Das Motto "Individualisierung statt Standardisierung" auf den Schmerz- und Palliativtagen 2025 verdeutlicht, wohin die Reise geht. Ärzte fordern, die Kluft zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und den spezifischen Patientenbedürfnissen zu schließen.
Um die Qualität der Versorgung mit medizinischem Cannabis zu verbessern, hat die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin eine PraxisLeitlinie veröffentlicht und bietet zahlreiche Fortbildungsprojekte an. Zusätzlich wurden Selektivverträge mit Krankenkassen abgeschlossen, die qualifizierten Ärzten die Verordnung vereinfachen sollen.
Allerdings betonen die Experten nachdrücklich, dass medizinische Cannabinoide und Freizeitkonsum strikt getrennt betrachtet werden müssen: "Die strikte Trennung sei von großer Bedeutung, um noch existierende Vorbehalte in der Gesellschaft vor allem aber auf der politischen Entscheidungsebene abzubauen".
Besonders vielversprechend erscheint die Zukunft von Cannabis in der integrierten Schmerztherapie. Mit neuen Schulungsprogrammen wie dem "Curriculum Schmerzkompetenz Cannabis" werden Ärzte gezielt auf die Cannabistherapie vorbereitet. Darüber hinaus stehen spezielle Kurse wie die der Dresden International University ab November 2024 zur Verfügung, die sich sowohl an Fachleute als auch an Patienten richten.
Apotheker Christian Hundeshagen bringt die ärztliche Herausforderung auf den Punkt: "Grundsätzlich wünsche ich mir, dass Ärzte den Mut haben, auch mit dieser Versorgungsart anzufangen. Auch bei den Ärzten gilt es, dieses Thema zu entstigmatisieren".
Forschung und Ausblick: Was bringt die Zukunft?
Die Forschungslandschaft rund um Cannabis als Schmerztherapeutikum entwickelt sich rasant weiter. Während die aktuelle medizinische Praxis bereits vielversprechende Ansätze zeigt, stehen wir erst am Anfang des wissenschaftlichen Verständnisses dieses komplexen Naturstoffs.
Neue Studien und Entwicklungen
Bundesweit laufen mehrere wegweisende Forschungsprojekte zur Wirksamkeit von Cannabinoiden. Besonders beachtenswert ist die OCEAN-Studie (Avextra Cannabinoid Extrakt bei Chemotherapie-induzierten Neuropathischen Schmerzen), die von der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin zusammen mit dem Hersteller Avextra durchgeführt wird. Diese prospektive 12-wöchige Parallelgruppenstudie untersucht die Wirksamkeit und Sicherheit eines THC/CBD-Vollspektrumextraktes bei rund 400 CINP-Patientinnen und Patienten in mehr als 20 DGS-Zentren deutschlandweit.
Besonders innovativ: Die Patienten erfassen die Veränderung ihrer Schmerzsymptome selbstständig auf der digitalen Plattform iDocLive®. Solche Studien sind dringend notwendig, da die bisherige Evidenz zur Wirksamkeit von Cannabispräparaten bei chronischen Schmerzen als "mäßig" eingestuft wird.
Langzeitwirkungen und Sicherheit
Allerdings beziehen sich die meisten bisherigen Untersuchungen auf kurze Behandlungszeiträume von wenigen Wochen bis Monaten, wobei die besonderen Risiken einer Langzeitbehandlung weitgehend unklar bleiben. Wissenschaftler werteten 16.809 vollständige Datensätze aus und stellten fest, dass in mehr als drei Viertel der gemeldeten Fälle Schmerzen mit Cannabisarzneimitteln behandelt wurden.
Zudem ist davon auszugehen, dass bisher nicht zugelassene Cannabisarzneimittel ein ähnliches Sicherheitsprofil haben wie die Fertigarzneimittel Sativex, Canemes und Marinol. Dennoch sind weitere kontrollierte klinische Studien notwendig, um die Sicherheit der Behandlung mit Cannabisblüten und Cannabisextrakten besser beurteilen zu können.
Cannabis in der digitalen Schmerzmedizin
Die digitale Transformation erreicht auch die Cannabistherapie. Auf den Deutschen Schmerz- und Palliativtagen 2025 analysierten Experten den Status Quo und kommende Entwicklungen in der digitalen Schmerzmedizin. Insbesondere interaktive Sessions zur digitalen Patientendokumentation und automatisierten Gutachten stehen im Fokus.
Die Zukunft der Cannabis-Schmerztherapie liegt in der Integration von digitalen Technologien, die eine präzisere Dosierung, bessere Therapieüberwachung und individuellere Behandlungsansätze ermöglichen. Dadurch könnten künftig die richtigen Patienten mit den richtigen Cannabisarzneimitteln versorgt werden – ein wichtiger Schritt zur Überwindung des von Ärzten beschriebenen "methodischen Minenfelds" in der Bewertung von Cannabis-Behandlungen.
Schlussfolgerung
Zusammenfassend zeigt die medizinische Entwicklung bis 2025 deutlich: Cannabis bietet als Schmerzmedikament beachtliche Möglichkeiten, besonders bei neuropathischen Schmerzen und als Teil multimodaler Therapiekonzepte. Allerdings müssen Patienten und Ärzte realistische Erwartungen haben - Cannabis ist kein Wundermittel gegen alle Schmerzarten.
Wissenschaftliche Studien belegen die Wirksamkeit bei bestimmten chronischen Schmerzerkrankungen. Dennoch bleiben wichtige Fragen zur Langzeitanwendung offen. Besonders vielversprechend erscheint die Integration digitaler Technologien für präzisere Dosierung und bessere Therapieüberwachung.
Die Zukunft der Cannabis-Schmerztherapie liegt in der individualisierten Behandlung. Ärzte werden durch neue Fortbildungen und digitale Werkzeuge besser ausgestattet, um die richtigen Patienten mit passenden Cannabisarzneimitteln zu versorgen. Diese Entwicklung macht Hoffnung für Menschen mit therapieresistenten chronischen Schmerzen.
FAQs
Q1. Wann kann Cannabis als Schmerzmittel eingesetzt werden?
Cannabis kann bei schwerwiegenden chronischen Schmerzerkrankungen eingesetzt werden, insbesondere wenn herkömmliche Therapien nicht ausreichend wirken. Es zeigt die besten Ergebnisse bei neuropathischen Schmerzen, wie sie bei Multipler Sklerose oder nach Chemotherapien auftreten können.
Q2. Wie wirkt Cannabis bei Schmerzen?
Cannabis verändert die Schmerzwahrnehmung, sodass Schmerzen als weniger störend empfunden werden. Es kann auch die Schlafqualität verbessern und Stress reduzieren. Allerdings führt es meist nicht zu vollständiger Schmerzfreiheit, sondern eher zu einer besseren Bewältigung der Schmerzen.
Q3. Welche Nebenwirkungen können bei der Einnahme von medizinischem Cannabis auftreten?
Häufige Nebenwirkungen sind Müdigkeit, Schwindel, Mundtrockenheit und Konzentrationsstörungen. In seltenen Fällen können auch Gleichgewichtsstörungen oder psychotische Symptome auftreten. Mehr als jede dritte Behandlung wird wegen Nebenwirkungen abgebrochen.
Q4. Wie wird Cannabis als Schmerzmittel verschrieben?
Jeder approbierte Arzt kann Cannabis verschreiben, wenn eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt und Standardtherapien nicht ausreichen. Die Verordnung erfolgt auf einem Betäubungsmittelrezept. In vielen Fällen ist eine vorherige Genehmigung der Krankenkasse erforderlich.
Q5. Wie sieht die Zukunft der Cannabis-Schmerztherapie aus?
Die Zukunft liegt in individualisierten Behandlungskonzepten und der Integration digitaler Technologien. Neue Studien untersuchen die Langzeitwirkungen und optimale Dosierung. Ärzte werden besser geschult, um die richtigen Patienten mit passenden Cannabisarzneimitteln zu versorgen.